Einblicke: Hutmacherei Löhmann

Gut behütet: Modisten-Handwerk im Chiemgau

Magdalena Löhmann ist Modistin. So heißt der Beruf der Hutmacherin heute. Während der Hut früher fest zur Garderobe gehörte, ist das Handwerk nun selten geworden. „Kleider machen zwar Leute“, stellt Magdalena fest, „doch ein Hut, der vollendet das Erscheinungsbild. Er ist einfach etwas Besonderes.“ Begleitet mich auf einen Werkstatt-Besuch bei Magdalena!

Auf den Hut gekommen ist die Chiemgauerin eher durch Zufall. „Die Faszination für das Material hat mich direkt gepackt und die Zeit ist so schnell verflogen. Ich war mir sicher, dass ich, wenn ich das mein Leben lang mache, immer Spaß an der Arbeit haben werde.“, erzählt Magdalena. Gerade einmal 20 Azubis sind deutschlandweit in ihrem Jahrgang. Ihre Ausbildung krönt sie mit dem Sieg im Leistungswettbewerb des deutschen Handwerks und wird mit 19 Jahren Deutschlands beste Hutmacherin. Sie macht ihren Meister, setzt den Betriebswirt oben drauf und eröffnet mit gerade einmal 23 Jahren ihren eigenen Werkstattladen in Frasdorf.

Vom Trachtenhut bis zum Strohhut

Dort führt Magdalena nun das seltene Traditions-Handwerk in die Zukunft. Sie fertigt Hüte aus Velours, Wollfilz oder Stroh. „Am liebsten arbeite ich mit Velours, einfach weil das Material so beeindruckend ist, weil man so viel daraus entstehen lassen kann.“, erzählt die Modistin. „Allerdings ist das Material aktuell schwer zu bekommen und die Rohlinge werden extrem teuer.“ Velours-Hüte mit ihrem samtigen Look sind besonders bei Trachtlern beliebt.

„Als Trachtler ist man stolz auf seine Tracht, seine Heimat und ihre Traditionen, ihr Brauchtum – und da gehört der Hut einfach dazu.“

Viele Hüte werden von Generation zu Generation weitergegeben. „In alten Trachtenhüten stecken so viele Infos, so viel Wissen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was man da alles herauslesen kann, über den Hof, den Träger, die finanziellen Verhältnisse. Das macht Tracht auch so spannend. Wenn diese Hüte reden könnten…“, lacht sie.

Hut-Unikate aus dem Chiemgau

In der Werkstatt gleicht kein Tag dem anderen. „Jeder Hut ist zwar in gewisser Weise gleich aufgebaut und dennoch ist jeder Hut einzigartig. Ein einziger Millimeter, ein winziger Handgriff kann die gesamte Optik beeinflussen. Du kannst sehr prunkvoll arbeiten oder minimalistisch und schlicht. Das ist so facettenreich, da sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.“ Die Modistin verleiht auch alten Hüte wieder neuen Glanz. Doch hauptsächlich fertigt sie neue Hüte auf Maß, die ihre Träger dann ein Leben lang begleiten sollen. „Der Hut ist so speziell, denn jede Kopfform ist anders und das muss einfach passen. Deshalb sind meine Hüte Unikate.“, stellt sie klar. Immer öfter werden bei Magdalena auch Hüte als Geschenk zum 18. Geburtstag oder zur Hochzeit gekauft. Ein individuelles Kleidungsstück, dass einen das restliche Leben begleiten und an besondere Momente erinnern soll.

Echte Handarbeit

Magdalena nimmt einen Hutrohling und legt ihn in einen Kessel. Heißer Dampf weicht das Material auf und macht es formbar. Wenige Minuten später zieht die Hutmacherin den Rohling mit kräftigen Handgriffen auf ein hölzernes Model. Sie spannt ihn mit Bändern fest, bürstet die Oberfläche glatt und lässt ihn einen Tag trocknen. „Schon beim Aufziehen habe ich unendlich viele Möglichkeiten in der Gestaltung.“, erzählt Magdalena. „Und auch in der Endgestaltung kann ich mich kreativ ausleben.“ Den getrockneten, steifen Hut schneidet sie mit einer Schere zunächst grob, dann genauer zu. Dabei verlässt sie sich ganz auf ihr Augenmaß und Fingerspitzengefühl. Dann wird von Hand das Innenband eingenäht. „Perfekt gearbeitet ist die Naht, wenn man keinen einzigen Stich sieht.“, erklärt sie und zeigt den Hut. Das Band sieht aus wie aufgeklebt. Der Hutdeckel wird noch einmal am Dampfer erhitzt und erhält durch geschicktes Eindrücken seine finale Form. Jetzt fehlt nur noch die Garnierung. Mit Seidenkordeln oder Bändern versieht Magdalena ihre Hüte mit kleinen Details. Ist auch der Hutrand fein zugeschnitten, gebügelt und final geformt, ist der Hut fertig. Mehrere Stunden Handarbeit stecken darin. Doch für Magdalena gibt es nichts Schöneres, als mit ihren Händen zu arbeiten.

„Am Ende des Tages siehst du, was du geschafft hast und darauf kannst du wirklich stolz sein.“

Die schönsten Momente sind für die Chiemgauerin jedoch die, wenn sie ihre Hüte im Alltag oder bei Festen entdeckt. „Wenn meine Kunden ihre Hüte mit Stolz tragen und das immer und immer wieder, das ist für mich das allergrößte Kompliment.“ In ihren jungen Jahren hat sie schon viel erreicht. Jetzt arbeitet sie daran, ihre eigene Handschrift zu festigen, ihre eigene Marke zu etablieren. Traditionen wahren, Neues ausprobieren und die Hutkultur fast schon nebenbei zurück in die Moderne holen.

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